28. Juni 2022
Licht kann man immer noch nicht angreifen. Aber man kann sich selbst berühren lassen. Mit der neuen Leuchtengeneration kommen auf vielerlei Arten Emotionen ins Spiel, die schöne Assoziationen und Erinnerungen hervorrufen können.
Von Barbara Jahn
Die Fantasie spielen lassen: Stellar Nebula von Artemide, entworfen von BIG Bjarke Ingels Group.
Foto: © Pierpaolo Ferrari
Trend 1: Noch einmal Kind sein
Die Welt steht gerade Kopf und sucht nach Ankerpunkten, um nicht ganz aus der Balance zu kommen. Kein Wunder, dass Menschen nach einem kleinen Stück heile Welt suchen, in dem sie glückliche und unbeschwerte Augenblicke verleben können, indem sie ihre Umgebung ein bisschen zum Träumen einlädt. Oft kommen Erinnerungen an die eigene Kindheit zurück, die schöne Erlebnisse wieder wachrufen und die Augen im wahrsten Sinne des Wortes zum Leuchten bringen. Häufig kommen solche Ausflüge in die Vergangenheit auch in der Designwelt vor, um diesem Bedürfnis nachzukommen, die Geborgenheit und die Spielfreude von einst kurz aufleben zu lassen. Stellar Nebula von Artemide formt das Licht mit einem Körper aus mundgeblasenem Glas als Seifenblase nach, eine Assoziation, die garantiert bei jedem ins Schwarze trifft.
Wohin du willst: FollowMe von Marset.
Foto: © Marset
Trend 2: Auf nach draußen
Die steigenden Temperaturen, die längeren Sommer und der Hunger nach Natur holen die Menschen immer mehr nach draußen. Jeder, der einen Garten, eine Terrasse oder einen Balkon hat, versucht mit den gebotenen Mitteln diesen Freiraum zu einer möglichst komfortablen zusätzlichen Wohnzone zu machen. Sehr praxisnah zeigen sich hier mobile Leuchten, die mit ihren immer stärkeren Akkus für hell erleuchtete, lange Abende und für ein Stück örtlicher Unabhängigkeit sorgen. Auch hier steht ein Moment der Sorglosigkeit im Mittelpunkt, denn die Suche nach der nächst gelegenen Steckdose, die gerade im Freibereich nicht an jeder Ecke zu finden ist, hat sich mit dem Laden über USB-Kabel längst erübrigt. Wer über kein privates Grün verfügt, geht in den Park – auch dort kommen die mobilen Leuchten hin mit, wie FollowMe von Marset.
Fokussiert radikal auf das Wesentliche: Bridge von Foscarini, entworfen von Francesco Meda.
Foto: © Foscarini
Trend 3: Mit dem sehen, was man nicht sieht
Viele Jahre stand das Leuchtmittel im Fokus: Nach dem Ende der Glühbirne kam Halogen, das von LEDs und diese wiederum von den Oleds abgelöst wurden. Nachdem sämtliche bestehende Serien und Modelle auf energiesparende Systeme umgerüstet wurden, hat man nun wieder begonnen, sich auf die Leuchte selbst zu konzentrieren. Auch hier ist die Entwicklung eine radikale: Begeisterte man sich zunächst für die Verschmelzung von neuer Technologie und Design, so tritt die Lichtquelle, die mittlerweile so raffiniert, zart und zurückhaltend ist, wieder in den Hintergrund und überlässt dem Objekt die Bühne. Ein gutes Beispiel dafür ist Bridge von Foscarini, fast schon mehr Kunstobjekt als Leuchte, bei dem das Licht fast eine Nebenrolle, aber eine wichtige spielt.
Mehr als nur drei Raumachsen: Mito gioia equilibrio von Occhio, entworfen von Axel Meise.
Foto: © Occhio
Trend 4: Den Raum erobern
Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Lichtquelle starr von der Decke oder an der Wand hing. Wie es auch schon die mobilen Outdoorleuchten zeigen, wird auch das Indoor-Licht flexibler und raffinierter. Mit ausgeklügelter Mechanik lassen Leuchten eine neue Dynamik und Wahrnehmung entstehen. Faszinierend dabei ist, dass von diesem Mechanismus, der die Leuchte in jede beliebige Raumachse bewegen lässt und das Licht damit punktgenau dorthin bringt, wo es gebraucht wird, nichts zu sehen ist. Damit wird das Licht zu einem magischen Gestaltungsmittel, das sich – nicht zuletzt vielfach auch durch Gestensteuerung – wie von „Zauberhand“ einsetzen lässt. Zweifelsohne leistet hier Occhio mit der Mito gioia equilibrio Pionierarbeit.
Zwei in einem: Piro von Moooi spendet neben Licht auch Duft.
Foto: © Moooi
Trend 5: Den sechsten Sinn einschalten
Manche Leuchten können aber sogar noch mehr als nur Licht spenden. Die Multifunktionalität ist eben auch hier angekommen. Um gleich mehrere Sinne anzusprechen und Licht zu einem Gesamterlebnis zu machen, tun sich allerlei Ideen auf, die durchaus auf witzige Art und Weise umgesetzt werden. So ergibt es sich, dass die Robotik in die Leuchten einzieht und sozusagen Bewegung in die Sache bringt. Ein gutes Beispiel dafür ist Piro, ein tanzender und leuchtender Raumspray, den das Designbüro Ideo für Moooi entwickelt hat und für ein multisensorisches Erlebnis sorgt.
Einen Rahmen geben: Leuchte Sticks von Vibia gestaltet den Raum und gibt die Lichtquelle nicht plakativ preis.
Foto: © Vibia